Mittwoch, 20. Mai 2015

Faehre - Hauptsache sie schwimmt

Der Bus kletterte auf diesen schwimmenden Klumpen Rost, wir kletterten über die noch trittsichere Treppe ans Oberdeck und ja, ab hier gab es zwei Stunden Wonne. Und Sonne. Die Hitze war unwichtig, die nicht enden wollenden Verkaufsveranstaltungen waren unwichtig, der ebenso nicht enden wollende Müllregen, der sich von den Fahrgästen aus ins Meers ergoss war unwichtig, die Karaokeveranstaltung ebenso wie der gleichzeitig zum Gebet rufende Muezzin.

Wir waren längst in einem Zustand des Zen, des meditativen Versinkens im Augenblick. Man kann auch Willenlosigkeit dazu sagen. Wir stärkten uns an in fett getränkten Dingen, die in fett getränkte Lappen gewickelt waren, löschten die sensorische Erinnerung daran mit den dazu gereichten frischen Chili und überteuertem Orangensaft aus und rauchten wie die Geisteskranken um nicht den Platz neben dem Schornstein verlassen zu müssen. Warum auch immer.

Ob im Schiffsinneren mit Loungesofa Maison Belfort oder auf dem Oberdeck. Eine Verkaufsveranstaltung jagt die nächste. Die Ankunft auf Java verlief routiniert, die Zeit waberte dahin, wir mit ihr in einer zähflüssigen Masse aus Leibern, die Treppe hinab, durch die Busse und LKWs mit ihren bereits laufenden Motoren, ab und an völlig eingehüllt von schwarzen Dieselwolken. Unwichtig, nichts hat Bestand, alles ist vergänglich.

Hinein in den Bus, es muss ja weiter gehen. Geht's noch? Da geht noch einiges. Ich bin hier, Peer ist neben mir. Haben wir unsere Rucksäcke? Haben wir noch Wasser? Stumme Bestätigung und ein anerkennendes Nicken zu der Frau neben uns, die seit beinahe 30 Stunden ihr Kind auf dem Schoß hatte. Die Kleine begann zu mähren, wer wollte es ihr verübeln?

Die Mutter blickte uns bedauernd an, wir lächelten und loben sie und ihr Kind. „Sie ist tapfer" sagten wir, nickten ihr zu, die Mutter bedankte sich still. Was sollte sie auch sagen. Der Bus schaukelte sich über die Rampe aufs Festland und danach unverändert weiter über das, was man nur Straße nannte, weil es auf der Karte so eingezeichnet war. Kaum auf festem Boden hielt der Bus schon wieder an, mal wieder eine Pause.

Zu kraftlos um die Beine auszuschütteln, letztlich doch gingen wir doch hinaus, wenigstens stehen, damit das unweigerlich folgende Sitzen vielleicht, und wenn auch nur vielleicht, als Erholung angesehen werden konnte. Konnte es nicht, darüber waren wir hinaus.

Das Hämatom wurde weiter von der Gardinenstange bearbeitet, kaum das der Bus anfuhr, der Fahrer hatte nicht mal mehr die Insassen gezählt. Schwund ist immer, abgesehen davon entfernte sich keiner mehr weiter als eine Armeslänge vom Bus, die meisten stützen sich daran, an dieses so hassgeliebte Fortbewegungsmittel.

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